Wirtschaftlichkeit steigern: Wie sensibilisiere ich mein Team für das Thema Verschwendung, Frau Eigel?
12.05.2025 | Handwerk-Magazin

Von Andrea Eigel
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Baustoffe, Eigels Erfa-Erkenntnisse, Nachhaltigkeit, Unternehmensberater und Werkzeug und Maschinen
Gewinn wird mit Aufträgen gemacht – aber nicht selten auf der Baustelle deutlich geschmälert. Achtloser Umgang mit Material, Werkzeug oder Firmenfahrzeugen: Jede für Zahlen verantwortliche Führungskraft im Handwerksbetrieb kennt die Probleme, die sich zunächst nach Kleinvieh anhören, aber unterm Bilanzstrich jede Menge Mist in Form von schwindenden Margen machen. Was viele Unternehmerinnen und Unternehmer aber noch deutlich mehr wurmt als der finanzielle Schaden, ist, dass diese Verluste oft aus Ignoranz entstehen.
Viele Mitarbeiter machen sich keinen Kopf über die Kosten verschwenderischen Handelns oder schätzen sie viel zu niedrig ein. In Zeiten, in denen Wirtschaftlichkeit bei sehr vielen Firmenverantwortlichen wieder ganz nach oben auf der Agenda steht, ruft das nach Maßnahmen – übrigens zum Nutzen von Arbeitgebern und Arbeitnehmern. Wie klug und erfinderisch Handwerkschefs und -chefinnen dabei vorgehen, hat mich in mehreren Erfahrungsaustauschgruppen und in einem Azubi-Seminar in den letzten Wochen begeistert.
Wirtschaftliches Denken fordern – und konkret fördern
So war dem Geschäftsführer eines großen Holzbaubetriebs aufgefallen, dass nigelnagelneue Nägel – aus welchem Grund auch immer – im Container auf dem Betriebshof „entsorgt“ worden waren. Am nächsten Tag versammelte der Chef alle Mitarbeiter am Ende der Morgenrunde vor dem großen Abfallbehälter und warf einen 50-Euro-Schein hinein. Noch bevor das erstaunte Raunen verklang, folgte die sachliche Ansage. Bis zum Mittag mussten sowohl die Nägel als auch ihr Gegenwert in Form der Banknote aus dem Container zurück in den betrieblichen Wertstoffkreislauf.
Was sich nach „Kleinklein“ und einer plakativen Erziehungsaktion anhört, trifft den Nagel meiner Meinung nach auf den Kopf. Die unternehmerische Sicht aufs tägliche Arbeiten erschließt sich den meisten Mitarbeitern am besten, wenn sie an konkreten Momentaufnahmen und mit konkreten Geldbeträgen sichtbar gemacht wird. Ein anderer Unternehmer hat dies seinem Team nach einem von Mitarbeitern verursachten Unfallschaden an einem Firmenfahrzeug klargemacht. Er hielt der Team-Haltung „Macht ja nichts, den Schaden zahlt ja sowieso die Versicherung“ direkt entgegen, indem er aufzeigte, um wie viel die Versicherungssumme durch den Schaden steigen wird.
Besonders unter jungen Mitarbeitern und Auszubildenden bemerken viele meiner Erfa-Teilnehmenden eine gewisse Weltfremdheit in Kostenfragen. Das war Anlass genug für einen dieser Firmenchefs, das Thema in sein aktuelles Azubi-Seminar aufzunehmen. Für nachhaltiges Nachdenken hat dabei ein nur scheinbar spielerisches Element gesorgt. Die jungen Leute sollten mit einer bereitgestellten Liste schätzen, für wie viel Euro jedes einzelne Werkzeug in ihrer jeweils eigenen Werkzeugkiste eingekauft worden war. Die Diskrepanz zwischen Schätzung und Realwert der gesamten Werkzeugbox hätte kaum größer ausfallen können: Hatten die Azubis den Gesamtpreis ihrer Werkzeugbox auf „so um die 50 Euro“ geschätzt, gab es große Augen, als unterm Strich mehr als 1.200 Euro standen.
Drei Leitlinien zu mehr Kostenbewusstsein im Team und Wirtschaftlichkeit im Betrieb
Schlechter Umgang mit betrieblichen Ressourcen bei der täglichen Arbeit verdirbt das Geschäftsergebnis auf die wohl unnötigste Art und Weise. Holen Sie Ihre Leute mit ins Boot – nach diesen Grundsätzen:
- Wirtschaftliches Denken ist auch eine Bereicherung für Arbeitnehmer: Bringen Sie Ihren Mitarbeitern die ökonomischen Aspekte ihres täglichen Handelns nahe. Nehmen Sie dabei die Perspektive ein, dass es dem Einzelnen im Betrieb nur dann gut gehen kann, wenn es auch dem Unternehmen gut geht. Und das gelingt, wenn mit den eingesetzten Mitteln ein möglichst hoher Ertrag erzielt wird. Verschwendung schwächt den Betrieb – und damit auch die Mitarbeiter – komplett vermeidbar.
- Die Werte der eingesetzten Arbeitsmittel müssen Unternehmer an das Team vermitteln. Und dies – je früher, je besser. Schon Azubis sollten wissen, was ihre Ausrüstung und die Werkstoffe, mit denen sie arbeiten, kosten. Dann ist auch hinterlegt, warum ein sorgsamer Umgang mit diesen Ressourcen wichtig und zum Wohle aller im Betrieb ist.
- Einsicht und Verhaltensänderungen lassen sich am besten anschaulich anstoßen. Machen Sie wirtschaftliches Handeln im Betrieb an greifbaren Dingen und Situationen fest – wie die Firmeninhaber in den genannten Beispielen. Kaum ein Mitarbeiter wird etwas damit anfangen können, wenn Sie Verluste in Arbeitsprozessen prozentual benennen. Dagegen fällt der sprichwörtliche Groschen hörbar, wenn Sie konkrete Geldbeträge bei entsprechenden vermeidbar verschwenderischen Vorkommnissen aufrufen.
Fazit: Wirtschaftliches Bewusstsein bringt mehr Wirtschaftlichkeit
Nicht jeder Mitarbeiter bringt ein hoch entwickeltes Gespür für die Kosten seiner Arbeitsmittel mit. Für mehr Wirtschaftlichkeit im Betrieb muss ein achtsamer Umgang mit, Werkstoffen, Werkzeug und Maschinen aber gesetzt sein oder muss das bewusst Team entwickeln. Deshalb ist die aktive Vermittlung des ökonomischen Prinzips – „Unser Betrieb kann auf Dauer nur erfolgreich arbeiten, wenn wir mit unseren Ressourcen ertragreich umgehen“ – an alle Mitarbeiter entscheidend. Dies gelingt am besten, indem man die Werte anstatt abstrakt ganz konkret mit Geldbeträgen, die zum Beispiel Werkzeuge oder Materialien kosten, sichtbar macht. Vermeidbare Nachlässigkeit und Verschwendung schwächt das Boot, in dem alle Betriebsangehörigen zusammen sitzen. Ein sorgsamer Umgang mit betrieblichen Ressourcen stärkt es dagegen. Setzen Sie diese Botschaft!
Wie fordern Sie wirtschaftliches Verhalten in Ihrem Team ein? Mit welchen Maßnahmen haben Sie bislang die besten Erfolge erzielt? Ich bin gespannt auf Ihre Erfahrungen und Ihre E-Mail!
Über Kolumnistin Andrea Eigel:
Andrea Eigel unterstützt Unternehmerinnen, Unternehmer und Führungskräfte im Handwerk dabei, Kunden und Mitarbeitende zu gewinnen und nachhaltig zu binden – und dabei auch selbst bei Lust und Laune zu bleiben.
Sie hält Vorträge, macht Workshops und Coachings, moderiert Veranstaltungen und leitet seit vielen Jahren Erfa-Gruppen. Nebenberuflich ist sie Dozentin an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg.