Gebäudeautomation: Warum die Automatisierung nicht auf die lange Bank geschoben werden sollte
13.05.2024 | Handwerk-Magazin
Von Irmela Schwab
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Das Gebäudeenergiegesetz (GEG) ist jetzt Pflicht bei neuen Nichtwohngebäuden (NWG). Der Automationsgrad der Kategorie B muss dort nach DIN V 18599-11 entsprechen – bislang war Kategorie C ausreichend. Bei Bestandsgebäuden greift diese Anforderung ein Jahr später und betrifft NWG mit einer Leistung der Heizungs- oder Klimaanlage von mehr als 290 kW: Dies entspricht bei NGW etwa einer Bruttogrundfläche über 4.000 bis 5.000 Quadratmeter.
Werner Ottilinger, Geschäftsführer beim Gebäudeautomation-Dienstleister Sauter Deutschland, der auch als Vorsitzender des Fachverbands Automation und Management für Haus und Gebäude (AMG) im VDMA tätig ist, erklärt, was beim Bauen jetzt zu berücksichtigen ist.
Obligatorisch: Raumsensorik
Zur Einhaltung des Automationsgrads B ist Raumsensorik nunmehr zwingend erforderlich, ebenso die Kommunikation zwischen Anlagen, Systemen und Räumen. Dabei ist die Gebäudeautomation nur so gut wie die Daten, auf denen sie aufbaut. Standardisierte Bus-Systeme machen die Automatisierung einfacher und preiswerter, und mit ihr lassen sich ohne weitere bauliche Maßnahmen zehn Prozent der Einsparpotenziale einer Modernisierung erreichen. Eine Regelung also, die mit relativ geringem Aufwand viel bewirkt.
Ab dem Januar 2025 ist für sämtliche NWG außerdem ein digitales Energiemonitoring für die kontinuierliche Überwachung, Protokollierung und Analyse der Verbräuche aller Hauptenergieträger sowie aller gebäudetechnischer Anlagen vorgeschrieben. Dazu braucht es ein aktives Energiemanagement vor Ort, das auch im vorgeschriebenen technischen Inbetriebnahme-Management unentbehrlich ist. Denn hier drängt ebenfalls die Zeit: Das GEG fordert, dass die Einregelung für einen optimalen Gebäudebetrieb nicht länger als eine Heiz- oder Kühlperiode in Anspruch nehmen darf.
Sinnvoll: Fernwärme
Insbesondere in urbanen Gebieten spielt Fernwärme in der Wärmeversorgung eine große Rolle. Die Wärmenetze müssen auf erneuerbare Energien umgestellt und ausgebaut werden. Das Gesetz gibt hierzu Ziele vor und regelt die schrittweise Dekarbonisierung sowie den Ausbau der Netze. Der Zeitplan für die Erstellung der Wärmepläne orientiert sich an der Größe von Gemeinden und Städten: Großstädte mit über 100.000 Einwohnern müssen Wärmepläne bis zum 30. Juni 2026 vorlegen, Gemeinden mit höchstens 100.000 Einwohnern bis zum 30. Juni 2028, kleinere Gemeinden mit unter 10.000 Einwohnern können ein vereinfachtes Verfahren anwenden, wenn das Bundesland dies entscheidet.
Die kommunale Wärmeplanung wird zum Dreh- und Angelpunkt für die Modernisierung von Bestandsbauten, vor allem bei Entscheidungsfindung für die Umstellung der Wärmeerzeugung. Ist ein Anschluss an ein Fernwärmenetz möglich, kann auf die eigene Therme verzichtet werden, was in aller Regel die umweltfreundlichere und wirtschaftlichere Lösung ist.
Abwarten oder loslegen?
Im novellierten GEG manifestiert sich eine Entwicklung, die seit Langem absehbar war. Die Gesetze der Physik sind unerbittlich – leider auch in puncto Klimawandel. Alarmierende Wetterextreme und -katastrophen schaffen einen Handlungsdruck, dem sich auf Dauer keine Regierung entziehen kann. Wer also hofft, er könne das Problem bis zur nächsten Bundestagswahl aussitzen, der hofft vergeblich. Denn eines ist klar: Der Wert einer Immobilie wird sich in naher Zukunft immer stärker nach seiner Energieeffizienz richten. Wer diesen Mega-Trend verschläft, gerät nicht nur mit dem Gesetz in Konflikt, sondern riskiert einen Modernisierungsstau, der schlimmstenfalls in ein nicht mehr vermiet- oder verkaufbares „Stranded Asset“ mündet.
Eigentümer sollten daher schnellstens aktiv werden und, sofern nicht bereits erfolgt, ihre Immobilien auf den Prüfstand stellen – im Hinblick auf die vorhandene Gebäudetechnik, den Automations- und Digitalisierungsgrad sowie den CO2-Fußabdruck. Meist reicht auch ein Anruf beim Versorger, um festzustellen, ob eine Fernwärmeanschluss in absehbarer Zeit eine Option ist.
Die gute Nachricht: Die Umstellung führt keineswegs zu Wettbewerbsnachteilen. Wer jetzt saniert, profitiert auch zeitnah von den Vorteilen: Smart Buildings sparen nicht nur Energie, sie lassen sich auch weit besser vermieten und verkaufen. Sie bieten den Nutzern mehr Komfort und lassen sich besser an zeitgemäße Anforderungen, zum Beispiel für Shared-Desk-Büros, anpassen. Sie sind zudem resilienter gegenüber hochvolatilen, nicht selten politisch geprägten Energiemärkten.