Elektromobilität im Frühjahr 2023: 5 Trends, die Sie vor der Kaufentscheidung kennen sollten
12.04.2023 | Handwerk-Magazin
Von Patrick Neumann
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Fuhrparkchefs brauchen derzeit das richtige Fingerspitzengefühl, was die Verstärkung ihrer Flotte angeht. Teurer Sprit, hohe Stromkosten und explodierende Fahrzeugpreise einerseits, aber auch die immer noch langen Lieferzeiten andererseits verwandeln die Investitionsentscheidung in eine knifflige Denksportaufgabe.
Wenn ich dann noch meinen Handwerksfuhrpark dieses Jahr auf Elektro umstellen und in den Genuss der E-Förderung kommen möchte, wird es richtig kompliziert: Ab dem 1. September 2023 können sich nur noch Privatpersonen, die einen reinen Stromer (BEV) zulassen, über den Umweltbonus in Höhe von 4.500 Euro bei einem Nettolistenpreis von bis zu 40.000 Euro und von 3.000 Euro bei einem Nettolistenpreis zwischen 40.000 Euro und 65.000 Euro freuen. Die Zeit läuft also! Entscheidend: Erst wenn das E-Fahrzeug zugelassen ist, dürfen Handwerkschefs ihren Antrag stellen. Ein direkter Draht zum Autoverkäufer des Vertrauens ist momentan ebenso von Vorteil wie die Kenntnis dieser fünf aktuellen Branchentrends:
1. Stimmung
Elektroautos liegen im Trend. Zumindest, wenn man die Jahresendrallye an den deutschen Zulassungsstellen als Maßstab nimmt. Insgesamt ließen die Halter zwischen Flensburg und Freiburg im Jahr 2022 satte 832.652 Elektro-Pkw neu zu – 470.559 reine E-Autos und 362.093 Plug-in-Hybride. Ein Plus von 32 respektive elf Prozent zum Vorjahr.
Ob sich der Lauf fortsetzt? Mehr als fraglich. Abgesehen von der veränderten Förderkulisse, die unter anderem Plug-in-Hybride beim Umweltbonus dieses Jahr außen vor lässt, scheint sich auch die Verbraucherstimmung einzutrüben. So konstatiert eine aktuelle Studie namens „Individual E-Mobility Report 2023“ des Marktforschers MiiOS und der gsr Unternehmensberatung, dass die aktuelle Unsicherheit die Kauflaune bremse und sich auf die Mobilität auswirke. Und auch der Umstieg auf die E-Mobilität hat der Studie zufolge, für die rund 1.500 Personen zwischen 18 und 80 Jahren befragt wurden, nicht nur Fans.
Elektromobilität: Nicht nur Fans
„Die zunehmende Elektrifizierung individueller Mobilitätsangebote wie E-Auto, E-Bike, E-Scooter etc. finde ich sehr wichtig.“
2. Ladeinfrastruktur
„Wir sind mit dem Hochlauf gerade ganz zufrieden“, erklärte kürzlich Hildegard Müller mit Blick auf die E-Mobilität. Doch die Präsidentin des Verbands der Automobilindustrie (VDA) machte im Pressetermin auch deutlich, dass die Verbraucher jetzt zögern würden. Der Grund: der teure Ladestrom, den die steigenden Strompreise mit sich bringen. In puncto Ladeinfrastruktur wünschte sich die VDA-Präsidentin den „Mut für intelligente Anreize“ und betonte, dass Ziele und Realität weit auseinanderklafften.
Schlecht für die Transformation. „Der Hochlauf der Ladeinfrastruktur ist besonders erfolgskritisch“, so Müller. Laut der Bundesnetzagentur existierten am 1. November 2022 insgesamt 60.229 Normal- und 11.862 Schnellladepunkte. Bedeutet: Allein die 2022 neu zugelassenen E-Pkw müssten sich im Schnitt zu zwölft einen öffentlichen Ladepunkt teilen – den E-Fahrzeugbestand noch nicht eingeschlossen. Nur gut, wer als Handwerkschef dann eigene Lademöglichkeiten für Mitarbeiter und Kunden zur Verfügung stellen kann.
3. Fahrzeugpreise
Auch im E-Zeitalter sind Gewerbe- und Privatkunden auf bezahlbare Mobilität angewiesen. Die Kostenentwicklung bei Neuwagenpreisen zeige aber in eine gegenteilige Richtung, erklärte ADAC-Technikpräsident Karsten Schulze. Laut der Kostenauswertung des Autoclubs gingen die Preise im ersten Halbjahr 2022 steil nach oben. Besonders Interessenten von Kleinst- und Kleinwagen spürten das im Mobilitätsbudget. „Wenn wir auf die Flottenerneuerung als ein Kernelement für die Erlangung der Klimaschutzziele setzen, kann es nicht sein, dass sich Hersteller aus der Verantwortung ziehen und auf kleine und günstige Modelle ebenso wie auf Modelle in einfacher Ausstattung verzichten, um stattdessen große Premiummodelle anzubieten, bei denen die Marge höher ist“, kritisierte Schulze.
4. E-SUV-Trend
Schon Ende 2022 wies Prof. Dr. Stefan Bratzel vom Center of Automotive Management (CAM) in Bergisch Gladbach auf eine problematische Entwicklung bei E-Autos hin: die „SUV-isierung“. Der Branchenkenner spielte auf den großen Markterfolg der E-SUV an – und der hat Folgen. „Die SUV haben vielfach ein höheres Gewicht, eine schlechtere Aerodynamik, eine größere Batterie, einen höheren Verbrauch und sind teurer als Modelle in anderen Segmenten“, betonte der Professor. „Zur Verminderung des ökologischen Footprints muss der Anteil von kleineren, effizienten Elektroautos mit moderaten Batteriegrößen bei gleichzeitig hoher Ladeleistung steigen.“
5. Betriebskosten
Wenn zum einen die Umweltprämie wegfällt, zum anderen die Stromkosten derart in die Höhe schießen, könnte man fast wehmütig in den guten alten Diesel-Zeiten schwelgen. Hätten wir 2022 nicht das teuerste Tankjahr erlebt. Empfehlenswert: ohne große Emotionen auf die Betriebskosten gucken, was derzeit gar nicht so leicht ist, wie der Bundesverband Betriebliche Mobilität kürzlich vorrechnete. Anhand verschiedener Szenarien näherte sich der Vorstandsvorsitzende Marc Oliver Prinzing den TCO (Total Cost of Ownership). Sein Fazit lautete unter anderem: Erstens würden ohne Umweltprämie die TCO je nach Fahrzeugklasse zwischen 16 Prozent und 54 Prozent steigen. Zweitens verliere das BEV in der Kompaktklasse und bei Kleinstwagen seinen Kostenvorteil gegenüber dem Diesel. Und drittens habe die Verlängerung der BEV-Nutzungsdauer einen deutlich positiven Einfluss auf die TCO.
Keine Frage: Die Herausforderungen waren wahrlich schon kleiner.