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Brandschutz bei Sonderbauten: So viele Mängel wie noch nie!

10.04.2024 | Handwerk-Magazin

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Von Friedhelm Kring

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Arbeitsschutz und Gesundheit, Immobilien und Risikomanagement

Jahr für Jahr nehmen Experten und Sachverständige die Einrichtungen der Gebäudetechnik in Sonderbauten unter die Lupe und werten ihre Beobachtungen aus. Die Zusammenfassung wird als Baurechtsreport veröffentlicht und steht kostenlos zum Download zur Verfügung. Die Zahlen aus dem jüngsten Bericht sind erschreckend und viele fragen sich, was falsch läuft in einem Land, in dem man ansonsten so auf Schutz und Sicherheit bedacht ist.

Welche Gebäude als Sonderbauten gelten

Um den Befund einzuordnen, muss man wissen, dass die Untersuchung sich nur auf Sonderbauten bezieht. Darunter fallen laut Musterbauordnung „Anlagen und Räume besonderer Art oder Nutzung“. Konkret sind das etwa:

 

  • Wohn- und Geschäftshäuser ab einer Höhe von 22 Metern
  • Geschäfte ab einer Fläche von 2.000 Quadratmetern
  • Spielhallen ab 150 Quadratmeter Grundfläche
  • Gaststätten ab 40 Gastplätzen in Gebäuden oder mehr als 1.000 Gastplätzen im Freien
  • Beherbergungsstäten wie Hotels oder Jugendherbergen ab 12 Betten
  • Kliniken, Krankenhäuser, Wohn- und Pflegeheime
  • Kitas, Schulen, Hochschulen und sonstige Bildungseinrichtungen
  • Versammlungsstätten wie Kongresshallen oder Stadien
  • Industriegebäude
  • Gebäudetypen wie Parkhäuser, Freizeitparks oder Justizvollzugsanstalten

Wichtig: Das Baurecht in Deutschland liegt in der Verantwortung der Bundesländer. Ob ein Gebäude als Sonderbau gilt oder nicht, ist demnach nicht einheitlich geregelt, sondern jedes Bundesland hat seine eigene Definition. Verantwortliche Planer, aber auch ausführende Firmen sowie Brandschützer müssen Vorschriften und Regelungen zu Sonderbauten daher in den jeweiligen Landesbauordnungen wie auch in speziellen Sonderbauverordnungen suchen. Wenn dann noch kommunale Bauvorschriften dazu kommen und die örtliche Feuerwehr mitredet, kann es bei einer Inbetriebnahme von Gebäude- und Sicherheitstechnik ein böses Erwachen geben.

Das prüfen die Sachverständigen des TÜV

Jahr für Jahr schauen sich die Prüfer die Gebäudetechnik an und achten insbesondere auf sicherheitsrelevante Aspekte. Unter die Lupe genommen werden in erster Linie:

 

  • die technischen Einrichtungen für den Brandschutz wie Brandmelde-, Alarmierungs- und Feuerlöschanlagen
  • die sicherheitsrelevanten Elektroanlagen, etwa die Sicherheitsstromversorgung und die Sicherheitsbeleuchtung
  • die Anlagen zur Lüftung und Klimatisierung inklusive Rauch- und Wärmeabzugsanlagen

Die Prüfungen können im laufenden Betrieb stattfinden oder auch vor der ersten Inbetriebnahme. Bei deutlichen Mängeln wird der betroffenen Anlage die Prüfbescheinigung verweigert. Der Betreiber muss den Mangel dann – je nach Gefährdungslage –unverzüglich oder binnen einer angemessenen Frist abstellen.

TÜV-Report: Das sind die häufigsten Mängel 2023

Laut der jüngsten Auswertung zeigte mehr als jede vierte Anlage wesentliche Mängel. Das ist der höchste Wert, den der Baurechtsreport jemals veröffentlicht hat. Knapp die Hälfte der Anlagen wies nur geringfügige Mängel auf und lediglich 28,5 Prozent der Anlagen – das ist weniger als jede dritte – waren mängelfrei. Die Befunde im Einzelnen:

 

  • Jede zweite der geprüften Alarmierungsanlagen wies geringfügige Mängel auf.
  • Von den geprüften Brandmeldeanlagen war weniger als jede dritte Anlage (28 Prozent) mängelfrei.
  • 26 Prozent der Feuerlösch- und Sprinkleranlagen zeigten wesentliche Mängel.
  • Von den Feuerlöschanlagen waren bei erstmaliger Prüfung nur 22 Prozent mängelfrei.
  • Gut jede dritte Lüftungsanlage (35 Prozent) wies „wesentliche Mängel“ auf.
  • Etwa jede siebte CO2-Warnanlage (in Tiefgaragen und Parkhäusern) zeigte Mängel (14 Prozent).
  • Am stärksten stieg die Mängelquote bei Starkstromelektroanlagen (20 Prozent).

Das Fazit des TÜV lautet: Zwar ist der Brandschutz in Deutschland auf einem hohen Niveau, doch der Trend bei Mängeln der Sicherheitstechnik ist seit einigen Jahren negativ.

Sicherheitstechnik wird immer komplizierter und störanfälliger

Der Begriff „Handwerk“ kommt zwar im Baurechtsreport des TÜV nicht vor, doch die Mängel-Problematik und ihre Ursachen sind für einige Gewerke hochrelevant. Für das Elektro-, HLK (Heizung/Lüftung/Klima)- oder Sanitärhandwerk ist die Erkenntnis nicht neu: Geräte und Einrichtungen der Gebäudetechnik werden elektronischer, digitaler und vernetzter – mit all den damit verbundenen Vorteilen und Nutzungsmöglichkeiten. Doch die Geräte werden dadurch auch komplizierter und nicht selten störanfälliger. Der Laie wird zwar mit bunten Apps beglückt, um sein smartes Gebäude am Bildschirm zu steuern und zu überwachen, doch mit der eigentlichen Technik hat er immer weniger zu tun.

Unverzichtbar: Die fachmännische Wartung und Instandhaltung

Hier ist das Fachhandwerk gefragt wie nie. Die baurelevanten Gewerke stehen – von der Installation bis zur Wartung – in der Mitverantwortung, dass die Gebäudetechnik zuverlässig funktioniert, ob Brandmeldung oder Entrauchung, Klimatisierung oder Notbeleuchtung. Angesichts des Fachkräftemangels, des Zeit- und Kostendrucks auf den Baustellen und nicht zuletzt einem komplexen Wust an Vorschriften ist das keine geringe Aufgabe.

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